Was Drecks-Slides und Top-Shots gemeinsam haben
Stellen Sie sich vor: In einer Präsentation gibt es ein Slide, auf dem eine Service-Level-Grafik abgebildet ist, die Ihren Bereich alles andere als gut aussehen lässt. Wie nennen Sie dieses Slide? „Slide, auf dem unser Bereich nicht so gut aussieht“? Ich hätte da einen Vorschlag für Sie.
Was steht hinter einem Wort?
In einem Turnaround-Projekt bewegen die Team-Mitglieder sehr viel, sie agieren intensiv und sie haben es fast ständig mit denselben Menschen zu tun. Da geschieht es unweigerlich, dass sich in vielen Bereichen so etwas wie ein eigener Sprachcode herausbildet – situationsbezogen, mit einer Bedeutung aufgeladen, die nur diejenigen verstehen, die dabei waren. Und so kommt es, dass ein Slide mit einer Service-Level-Grafik, die den betreffenden Bereich nicht so gut dastehen lässt, dann eben „Drecks-Slide“ heißt. Und alle wissen, was sich dahinter noch verbirgt: nicht nur die Tatsache, dass der jeweilige Bereich schlecht dasteht, sondern auch alles, was in diesem Zusammenhang damit besprochen wurde, was noch ansteht, welche Schwierigkeiten auf das Team zukommen. „Drecks-Slide“ fasst das alles schön zusammen.
Ein anderes Beispiel: Sie wissen, dass Sie nicht genügend Projektmitarbeiter haben, um eine ganz bestimmte Aufgabe zu bewältigen. Sie rufen also Ihr Team zusammen, erklären, dass Sie noch einen weiteren hochqualifizierten Mitarbeiter brauchen, beschreiben, welche Fähigkeiten er haben muss und warum Sie und das Team gerade diese speziellen Fähigkeiten brauchen, welches Budget Sie zur Verfügung haben und so weiter. Und irgendwann lassen Sie das Wort „Top-Shot“ fallen – und setzen damit den oben erwähnten emotionalen Anker. Wenn irgendwann nach diesem Meeting das Wort „Top-Shot“ fällt, dann weiß jeder der Beteiligten in derselben Sekunde, was sich hinter diesem Begriff verbirgt (Notwendigkeit der Einstellung eines neuen Mitarbeiters, Budget dafür, Ziele, die damit erreicht werden sollen etc.).
Setzen Sie Anker
Es hat viele Vorteile, solche Begriffe zuzulassen und zu benutzen: Sie sind emotional aufgeladene Anker, die einen komplexen Sachverhalt in einem Wort auf den Punkt bringen. Weil die Worte an sich – wie „Drecks-Slides“ beispielsweise – durchaus provokant sind, rufen sie starke Reaktionen hervor und bleiben so auch viel besser in den Köpfen der Mitarbeiter haften. Und nicht nur die Worte bleiben haften, sondern auch die ihnen zugeordneten Ideen. Die Notwendigkeit, bestimmte Anker zu setzen, ist übrigens nicht nur in Turnaround-Projekten gegeben, sondern auch in ganz anderen Bereichen, im Marketing etwa. „Made to stick“ lautet auch dort die Devise – und unter genau diesem Titel haben Chip Heath und Dan Heath in einem Buch beschrieben, warum manche Ideen sang- und klanglos untergehen und andere Erfolg haben:
Made to Stick: Why Some Ideas Survive and Others Die