Ripple Effect:
Einen Stein ins (Projekt-)Wasser werfen
Sie wissen, wie es aussieht, wenn Sie einen Stein ins Wasser werfen: Um die „Einschlagstelle“ bilden sich Wellen, die sich konzentrisch ausbreiten. Je größer der Stein, desto größer die Wellen. „Ripple Effect“ heißt das auf Englisch. Auch in Projekten gibt es diesen Ripple Effect – er spielt besonders bei Transformationsprojekten eine große Rolle.
Einen Kulturwandel befiehlt man nicht
In einem meiner letzten Projekte ging es darum, die gesamte Organisation neu auszurichten. Eine neue Linienorganisation und neue Berichtslinien sollten entstehen. Sprich: Die Kultur des Unternehmens sollte transformiert werden.
Ein Kulturwandel also. Eine große Aufgabe. Für die vor allem eins gilt: Einen Kulturwandel erarbeitet man nicht, den befiehlt man nicht, den kommuniziert man nicht. Er entsteht auch nicht über Nacht. Stattdessen spielt der Ripple Effect eine Hauptrolle. Diesen Effekt können die Führungsverantwortlichen nutzen, indem sie durch erlebbare und wirksame Veränderung etwas ermöglichen, das in die gesamte Organisation ausstrahlt. In dem entsprechenden Programm bzw. der Unternehmenstransformation, an der ich mitwirken durfte, setzten wir in unterschiedlichen Projekten auf diesen Ripple Effect: Wir initiierten Maßnahmen, die nicht nur in ihren eigenen Bereichen wirkten, sondern auch weitere Bereiche betrafen und veränderten. Diese Projekte lieferten dadurch sehr schnell sichtbare Ergebnisse.
Von der Wasserfall-Methode zur agilen Vorgehensweise
Um es an einem konkreten Beispiel deutlich zu machen: Eines der Projekt des Programms hatte die Aufgabe, einen Prototyp für eine bestimmte Anwendung zu entwickeln. Gleichzeitig sollte die Transformation der Organisation erfolgen – von einer lang angelegten Wasserfall-Vorgehensweise hin zu einer agilen Kultur, in der ganz bestimmte Start-up-Prinzipien umgesetzt werden. Wir wollten also anhand des Projekts zur Prototyp-Entwicklung schon die neue Kultur erlebbar machen. So setzten wir bei der Entwicklung des Prototyps auf den Ripple Effect: Möglichst viele Bereiche der Organisation sollten dadurch erleben, wie sich die neue Kultur anfühlt, wie sie sich äußert, welche Konsequenzen sie hat.
Wir initiierten also eine parallele Vendoren-Challenge. Wir luden fünf unterschiedliche Vendoren ein, die jeder einen Prototyp bauten – innerhalb eines sehr kurzfristigen zeitlichen Rahmens. Um das zu ermöglichen, banden wir andere Bereiche wie Legal, Compliance, HR, den Betriebsrat, Risk, Audit, Security mit ein; sie hatten einen gewissen Leistungsanteil. Wir nahmen aber auch weitere Projekte mit an Bord, die auch ihrerseits Prototypen von unterschiedlichen Arbeitsergebnissen mit einfließen lassen konnten. Durch diese Vorgehensweise war es uns möglich, sehr frühzeitig Arbeitsergebnisse sichtbar zu machen – und an diesen Ergebnissen hatten kurzfristig unterschiedliche Parteien quer durch das gesamte Unternehmen mitgewirkt. So konnten viele Mitarbeiter unmittelbar erleben und sehen, was sich da getan und verändert hatte.
Wirksame Ergebnisse innerhalb kürzester Zeit
Der Startschuss für die Vendoren-Challenge war quasi der Stein, den wir ins Wasser geworfen hatten. Die dadurch ausgelöste Wellenbewegung holte andere Projekte, Linienbereich und Abteilungen mit an Bord. Nicht nur die Projektmitarbeiter selbst, sondern auch viele andere Menschen im Unternehmen konnten unmittelbar den Prototypen erleben, der aus diesem Projekt heraus entstanden ist. Keiner von ihnen hatte damit gerechnet, dass das Ergebnis – nämlich fünf erlebbare und testbereite Prototypen von fünf unterschiedlichen Vendoren – innerhalb von nur wenigen Wochen erzielt sein würde. Aber dieses Ergebnis war mit der neuen agilen Herangehensweise tatsächlich möglich. Anstatt zwölf bis fünfzehn Monate dafür zu benötigen, war gelungen, innerhalb kürzester Zeit sogenannte Minimal Viable Products bereitzustellen und sich für einen Vendor zu entscheiden, dessen Prototyp dann weiter ausgearbeitet wurde.
Immer nach Benefits suchen, die ein Projekt bewirken kann
Auch bei mir hat dieser Rippe Effect nachhaltige Veränderungen bewirkt: Wenn ich jetzt Projekte ins Leben rufe, dann überlege ich mir immer, welche Effekte ich außer der Schaffung des Arbeitsergebnisses noch erzielen kann, die zur Strategie und zur Ausrichtung und zu einer möglichen kulturellen Veränderung des Unternehmens beitragen. Den Fokus nur auf die Arbeitsergebnisse zu richten, ist zwar wichtig. Aber mögliche Kollateralschäden und Seiteneffekte gilt es genauso zu beachten. Deshalb gilt: Immer nach weiteren zusätzlichen Benefits suchen, die ein Projekt bewirken oder verursachen kann.