Turnaround-Projekte:
So gehen sie mit Menschen um, die sich als Opfer inszenieren
Auch in Turnaround-Projekten gibt es sie: Menschen, die sich als Opfer fühlen und den ganzen Tag darüber klagen, wie überlastet sie sind und wie ungerecht sie behandelt werden. Hier gilt es zu handeln – und zwar schnell.
„Ich habe so viel zu tun, ich halte das bald nicht mehr aus!“ – „Ich weiß wirklich nicht, was ich dem getan habe, gestern im Status-Meeting hat er schon wieder nur auf mir herumgehackt!“ Meiner Erfahrung nach gibt es in jedem Projekt, in jedem Team jemanden, der auf diese Art und Weise sein Leiden nach außen trägt.
Zum Opfer macht man sich selbst
Eines ist klar: In eine solche Opferrolle drängt einen niemand – die sucht man sich aus. Die Gründe, warum Menschen diese Form der Kommunikation wählen, sind vielfältig. Es steht sicherlich ein Bedürfnis nach Anerkennung, nach Signifikanz dahinter. Darum geht es mir hier aber gar nicht. Mir geht es vielmehr um die Frage, wie man mit solchen Teammitgliedern umgeht. Als Turnaround-Projektleiter, generell als Führungskraft, darf man diese Äußerungen nicht auf sich beruhen lassen. Denn negative Äußerungen dieser Art bieten weder einen visionären Blick auf die Situation, noch sind sie Inspiration für andere. Im Gegenteil: Wenn sich die übrigen Teammitglieder zu intensiv damit auseinandersetzen, Feedback geben, das „Opfer“ auch noch bedauern oder bemitleiden, laufen sie Gefahr, sich von dieser Opferstimmung anstecken zu lassen und sich ebenfalls so zu verhalten.
Aktiv ansprechen
Was also tun? Sich zu entziehen, ist keine Option, weil in der Turnaround-Situation alle auf eine intensive Zusammenarbeit angewiesen sind. Ich versuche immer, solche Menschen offen darauf anzusprechen und ihnen zu spiegeln, wie ihre Worte auf andere und das Team wirken. Ihnen zu zeigen, dass es anderen nicht besser geht, wenn sie in ihrer Opferrolle verharren, im Gegenteil: Sie sorgen damit nur dafür, dass es am Ende allen schlecht geht. Ich versuche sie deshalb zu motivieren, den Blick nach vorne zu richten und zu überlegen, mit welchen Maßnahmen und mit welchen Impulsen sie dazu beitragen können, ihre eigene Situation zu verbessern. Das kann in Einzelgesprächen geschehen, es kommt aber durchaus vor, dass ich das innerhalb einer Gruppe thematisiere.
Sensibel für das sein, was andere Menschen sagen, die Wirkung dessen wahrnehmen und sie aktiv darauf ansprechen – das sind die wichtigsten Schritte, einem Menschen zu helfen, aus seiner Opferrolle herauszufinden und wieder zu einem „Täter“ zu werden. Und sich dabei immer vor Augen halten, dass es jedem einzelnen im Team und damit auch dem gesamten Projekt nützt.