Am Anfang lebt das Chaos
Steigt ein Turnaround-Projektmanager in ein Projekt ein, zeigt sich oft dasselbe Muster: Wo Chaos herrscht, verursacht er zunächst noch mehr Chaos. Gefühlt zumindest. Umso wichtiger ist es, dass er sich immer wieder Überblick über die Lage verschafft.
Gehen Sie täglich in die Luft!
Ich erlebe es selbst immer wieder: Werde ich in ein Turnaround-Projekt geholt, finde ich meist eine Organisation vor, die in Teilen ein sehr großes Durcheinander darstellt. Laufende Aktivitäten sind wenig transparent, entsprechende Status kaum sichtbar, ganz egal, ob es nun um die kommerzielle Seite, den Projekt oder Delivery-Status mit entsprechenden KPI oder ganz andere Faktoren geht.
In dieser Situation mache ich dennoch das, was meine Aufgabe ist: Ich werfe viele Bälle in die Luft, sprich: Obwohl ich wenig Überblick über die laufenden Aktivitäten habe, implementiere und setze ich Maßnahmen um, die das Projekt retten sollen. Das hat zur Folge, dass sich in der Wahrnehmung mancher Beteiligter das eh schon existierende Chaos noch weiter vergrößert. Und manchmal auch für mich selbst.
Umso wichtiger ist es, dass ich es immer wieder schaffe, ein Blick auf das große Ganze zu werfen. Mich quasi in den Hubschrauber setze und mir die Lage von oben anschaue. Und dazu auch das Team mitnehme. Denn es muss genauso wie ich wissen, wie sich die Gesamtsituation darstellt und in welche Richtung wir mit dem Projekt gehen.
Tue ich das nicht, besteht die große Gefahr, dass ich mich als Turnaround-Projektmanager in operativen Tätigkeiten verliere: Moderationen von Workshops, das Nachhalten von Maßnahmenlisten im Zuge diverser Jour fixe und ähnliche Turnaround-Aktivitäten entwickeln schnell einen Sog, der einen nicht mehr freilässt.
In zwei Schritten zu mehr Überblick
Als Turnaround-Projektmanager sollte man sich zwei Dinge klarmachen bzw. in zwei Schritten vorgehen:
- Am Anfang herrscht das Chaos. Auch am Anfang der eigenen Aktivitäten. Entscheidend ist es, morgens und abends in den Hubschrauber zu steigen und einen Blick von oben auf die Gesamtsituation zu werfen. Sich tatsächlich vor Arbeitsbeginn ein paar Minuten Ruhe zu nehmen und sich zu überlegen: Was mache ich hier? Was will ich bewirken? Wie erreiche ich das? Und dasselbe abends noch einmal zu tun: Was habe ich heute bewirkt und erreicht? Was davon zahlt wie auf das große Ziel ein?
- Ohne Transparenz über die eigenen bzw. angestoßenen Aktivitäten geht es nicht – dazu gehören detaillierte Statusreports, Maßnahmenlisten, sauber getrackt, Dashboards bezüglich der KPI aus dem Projekt oder der Delivery-Organisation. Anders ist nicht zu ermitteln, ob die Maßnahmen, die man aufgesetzt hat, auch entsprechend greifen und genau die wirksamen Effekte haben, die man sich von ihnen verspricht.
Noch einmal: Den Turnaround-Projektmanager, der von der ersten Minute seiner Tätigkeit im Projekt an den Überblick hat, müssen Sie mir erst mal vorstellen. Am Anfang lebt das Chaos. Deshalb ist es wichtig, als Turnaround-Projektmanager von Tag 1 an immer wieder eine übergeordnete Perspektive einzunehmen – nicht nur für sich selbst, sondern auch für das Team.